Riesenschnauzer Gary vom Gutspark

Ab ins phaeno, ihr Kleinkinder!

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Vielleicht ... keine Ahnung – eigentlich nur meine eigene Meinung, aber die Grenzen sind fließend. Ihr könnt ja selbst entscheiden. Die Idee zu diesem Beitrag kam mir, weil mir Freunde, Bekannte und sogar Unbekannte erzählten, dass sie noch nie im Wolfsburger phaeno waren, weil ihre Kinder noch zu jung dafür wären. Ganz falsch gedacht, finde ich. Warum? Darum:

Zugegeben ... ich bin etwas voreingenommen. Das Wolfsburger Science Center phaeno ist mein Arbeitgeber und sorgt dafür, dass ich am Monatsende immer wieder ein bisschen Geld auf meinem Konto vorfinde. Aber das phaeno ist auch einer meiner Lieblingsorte dieser Region und es zieht es mich selbst in meiner Freizeit immer wieder dorthin. Während der Arbeitszeit kommt man ja so selten dazu, mal einfach nur so zu spielen und frei herumzuexperimentieren ... :-) Außerdem ist es ein toller Ort für Familienausflüge mit meinen Mädels, denn auch wenn phaeno im eigentlichen Sinne kein Kindermuseum ist, ist es eben ein Ort auch für Kinder, selbst für sehr kleine Kinder! Ich weiß noch, wie unsere Große mit gerade mal acht Monaten in dem „Unendlichkeitswürfel“ lag und darüber staunte, dass oben, unten und überall um sie herum viele weitere Babys zu sehen waren. Über 30 Minuten war sie nicht dazu zu bewegen, den Würfel zu verlassen! Seitdem waren wir viele Male im phaeno – zu Ausstellungseröffnungen, die schlüpfenden Osterküken besuchen, beim Seifenblasenfestival oder einfach nur so ...

Unendlichkeitswürfel.
Unendlichkeitswürfel.

Was ist das phaeno eigentlich?

Die Ausstellung bietet über 350 Experimentierstationen mit spannenden Phänomenen aus Naturwissenschaft und Technik. Einiges davon ist allein schon von der Handhabung her eher für ältere Kinder oder Jugendliche geeignet und nicht wenige Stationen bringen auch erwachsene Gehirne zum Dampfen (oder will mir hier wirklich jemand erzählen, er hätte das Experiment mit dem Michelson-Interferometer verstanden??), aber viele Phänomene ermöglichen genau das, was kleine Kinder den ganzen Tag tun, wenn man sie lässt: Die Welt um sie herum spielerisch zu erkunden und zu erforschen. Und das in einer Dauerschleife, immer und immer wieder. Eigentlich ist das phaeno ein gigantischer Indoor-Spielplatz, auf den man flüchten kann, wenn es draußen zu kalt, zu heiß oder zu nass ist. Meine Mädels haben viele Experimentierstationen gefunden, an denen sie sichtlich Spaß haben und an denen sie auch über mehrere Besuche hinweg vertieft spielen. Einige davon möchte ich euch vorstellen – denn für eure Zwerge ist sicher auch etwas dabei!

Nebeltornado.
Nebeltornado.

Kugelbahnen und andere Dinge in Bewegung

Kleinkinder lieben Bewegung: Sie lieben es, sich selbst zu bewegen, bewegt zu werden, Dinge in Bewegung zu versetzen und bewegte Dinge zu beobachten. Im phaeno haben sie ausreichend Gelegenheit dazu. Das Gebäude selbst regt schon zur Bewegung an. Die Ausstellung besteht aus nur einem einzigen Raum, der architektonisch wie eine Landschaft gestaltet ist. Man kann weit gucken – was wiederum dazu anregt, weit zu laufen. Es gibt viele Schrägen, die man aus Sicherheitsgründen leider nicht rauflaufen oder runterrutschen darf (fragt lieber nicht, was wir Erwachsenen (!) früher nach der Öffnungszeit gemacht haben ... :-)), aber auch zwei lange (Rollstuhl-)Rampen Richtung Technik-Labor, auf denen kleine Kinder beim Hoch- und Runterlaufen ihr Gleichgewicht schulen können.

Rauf und runter.
Rauf und runter.

Genauso spannend sind die Experimentierstationen, denn es gibt wirklich viele, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit Bewegung beschäftigen: Zum Beispiel gibt es Kugelbahnen aller Art – große und kleine, bunt und detailreich oder einfach und überschaubar, aus Holz oder Metall, fest installiert, mit Weichen oder zum freien Zusammenbauen (letztere sind allerdings nicht immer da). Meide Mädels lieben vor allem den „Rückstoß“. Hier müssen sie eine kleine Kugel in ein enges Rohr fallen lassen (Feinmotorik!). Die Kugel rollt hinunter, macht dabei ein metallisches Geräusch, kommt unten aus dem Rohr hinaus und der Rückstoß setzt das Rohr wie eine Art Karussell in Bewegung. Diesen Vorgang können die beiden unendlich oft wiederholen! Kein Wunder, verbindet die Station doch gleich mehrere elementare Spielhandlungen miteinander, die alle Kinder auf die ein oder andere Weise gerne durchführen: Dinge fallen lassen (die Kugel), das Verdeck-/Versteckspiel (Kugel ist im Rohr nicht zu sehen, kommt aber immer wieder raus), Dinge transportieren (Kugel oben rein, unten wieder raus) und etwas in Drehung versetzen (das Karussell). Je nachdem, wie groß die Kinder sind, müssen sie außerdem auch noch auf die Station heraufklettern und ein bisschen balancieren, um die Kugel einzuwerfen. Auch das macht vielen Kindern Spaß und sie sind stolz auf sich, wenn sie es geschafft haben.

Der „Rückstoß“ ist ein Beispiel für eine eigentlich absolut unscheinbare Experimentierstation. Die Kleinen können außerdem auch Bälle im Luftstrom tanzen und Flummis hochspringen lassen, mit Kugeln auf einer Drehscheibe experimentieren, virtuellen Seifenblasen hinterher springen oder Scheiben über eine Luftstraße schweben lassen. Neben einer ganzen Menge Spielspaß fördern diese Stationen nebenbei auch noch die Raumwahrnehmung, das logische Denken und die Auge-Hand-Koordination, was mal wieder zeigt, dass sich Spielen und Lernen gar nicht voneinander trennen lassen.

Guck mal! Experimente mit Spiegeln

Kinder entwickeln im Alter zwischen sechs und 18 Monaten die Fähigkeit, sich selbst zu erkennen. Diese Phase wird deshalb auch Spiegel-Stadium genannt. Aber egal, ob sich Kinder im Spiegel erkennen oder nicht, haben sie schon früh ein starkes Interesse an ihrem Spiegel-Gegenüber, das nämlich netterweise auf alles reagiert, was man selbst so tut! Das heißt, auf jede Aktion bekommt ein Kind im Spiegel auch immer eine Reaktion – und das finden Kinder toll. Im phaeno können Kinder mit Spiegeln spielen, die anders als zuhause sind und ganz witzige Effekte hervorbringen: An einigen Stationen sind die Spiegel so angeordnet, dass man sich unendlich oft sieht (im „Parallelspiegel“ in einer langen, langen Reihe und im „Unendlichkeitswürfel“ sogar oben und unten). An anderen Stationen können Kinder einen Kreis mit sich selbst bilden (Riesenkaleidoskop) oder wirken plötzlich ganz merkwürdig verzerrt (Wellenspiegel). So haben sich eure Kids vorher noch nie gesehen!

Farben, Schatten und farbige Schatten

Die meisten Kinder lieben es bunt und auffällig – und das hat mit ihrer körperlichen Entwicklung zu tun: Ihre Augen haben eine sehr hohe Reizschwelle, damit das kindliche Gehirn nicht durch zu viele Reize überfordert wird. Von knalligen Farben werden sie dagegen magisch angezogen, weshalb die Mädels im phaeno auch immer wieder gern mit der Kunstinstallation „Recollections“ spielen: Auf einer großen Leinwand wird jede Bewegung ihres Körpers von kunterbunten Schatten verfolgt. Es macht ihnen riesigen Spaß, sich immer wieder neue Bewegungen auszudenken und gleichzeitig zu beobachten, was die bunten Schatten daraus machen. Ein bisschen ruhiger geht es dann bei den „Bunten Schatten“ zu, wo man vor einer weißen Leinwand mit seiner Schattengröße experimentieren und sich darüber wundern kann, warum der Schatten nicht nur schwarz, sondern auch farbig ist. Ein tolles Experiment sind auch die „Gefrorenen Schatten“: Ein Blitz „gefriert“ den eigenen Schatten auf einer phosphoreszierenden Wand. Der eingefrorene Schatten hat noch mindestens einen weiteren Blitz lang Bestand, weshalb man kleine Geschichten mit seinem Schatten spielen kann, z. B. den zweiten Schatten mit dem ersten Schatten Händchen halten lassen.

Magnete: echt anziehend!

Ein ganz typisches Spiel von kleinen Kindern ist es, Dinge miteinander zu verbinden. Sie rühren gerne Dinge zusammen, finden Klettverschlüsse toll und lieben Steckspiele. Auch Magnete stehen hoch im Kurs, weshalb die Mädels immer viel Zeit an der Station „Magnetskulpturen“ verbringen: Mit kleinen Stahlplättchen können sie kleine Türme oder Bäumchen auf einem Riesenmagneten wachsen lassen und merken gleichzeitig aber auch, dass sie richtig viel Kraft brauchen, die Plättchen wieder vom Magneten zu trennen. Ein weiteres Verbindungsspiel sind die „Raumfüller“, bei denen man eckige Körper so stapeln muss, dass möglichst keine Lücken entstehen. Das ist ganz schön kniffelig, hat dem großen Mädel in ihrer Puzzlephase aber trotzdem immer viel Freude bereitet und gleichzeitig auch ein bisschen ihre eigentlich nicht vorhandene Ausdauer trainiert.

Ein-, Aus- und Umfüllen

Ihr kennt das: Ihr sitzt mit eurem kleinen Wonneproppen am Tisch, esst Abendbrot und denkt euch nichts Böses. Der Wonneproppen nimmt sich seinen Becher Apfelsaftschorle – und schüttet diesen ohne Vorwarnung direkt auf seinen Teller. Und während ihr schimpfend aufspringt und die Küchenrolle sucht, wird die Apfelsaftschorle mitsamt der ganzen Brotkrumen-Matsche seelenruhig wieder zurück in den Becher gekippt. Klappt natürlich nicht. Die aufgeweichten Brotkrumen liegen jetzt dekorativ zwischen Wurst und Käse herum und der nun nicht mehr ganz so wonnige Proppen schreit nach mehr Apfelsaftschorle, um seine Experimente fortführen zu können. Flüssigkeiten von einem Glas ins andere umschütten, Sand in einen Eimer hineinschaufeln, Spielkisten auskippen – mit solchen Ein-, Aus- und Umfüllspielen können kleine Kinder sich Ewigkeiten lang beschäftigen. Leider hat das phaeno (noch?) keine passenden Wasserstationen, aber „Was ist mehr?“ ist ein ziemlich guter Ersatz (und nicht ganz so nass). Hier können die Kinder kleine Plastikkügelchen durch die Finger rieseln lassen, in verschiedene Behälter füllen und von einem Behälter in den anderen schütten.

Was ist mehr?
Was ist mehr?

Spiele mit der Körperbalance

Zu meinen zwei letzten Tipps habe ich leider gar keine Fotos (das hole ich später vielleicht nach), trotzdem möchte ich sie euch nicht vorenthalten: Meine Mädels spielen wie viele andere Kinder gern mit ihrer Körperbalance. Während die eine ständig auf irgendwelchen Linien balanciert, ist die andere eher Kletterkünstlerin und will immer möglichst hoch hinaus. Im phaeno gibt es einen Ort, der das Gleichgewicht des eigenen Körpers komplett auszuschalten scheint und deshalb vor allem bei Kindern und Jugendlichen sehr (!) beliebt ist: der „Schiefe Raum“. Auch für eure Kleinen ist es ganz bestimmt ein Erlebnis, wenn die Schwerkraft plötzlich ganz anders zu wirken scheint. Ich muss euch aber vorwarnen, nicht wenigen Erwachsenen wird manchmal auch ein bisschen schlecht dabei ... :-) Und zu guter Letzt schicke ich euch noch einmal die Treppen hoch auf die obere Ebene und durch den Optik-Bereich: Dort gibt es an einer Stelle einen gläsernen Boden, durch den man in das Technik-Labor schauen kann. Lasst eure Kinder mal drüber laufen und beobachtet ihre Reaktionen!

Gut zu wissen – ein paar organisatorische Tipps und Hinweise

Das waren nur einige wenige von über 350 Experimentierstationen – seid ihr neugierig geworden? Die Stationen, die ich vorgestellt habe, gefallen meinen Kindern und auch wenn ich häufig auch andere Kinder dort beobachtet habe, kann euer Kind ganz andere Interessen haben. Lasst es selbst und in seinem ganz eigenen Tempo entdecken! Manche Dinge wird es immer und immer wieder wiederholen wollen. Ihr müsst nicht alles sehen oder ausprobieren, lasst euch Zeit, seid für eure Kleinen da, seid Mit-Entdecker! Und schaut nicht zu sehr auf die Texte und Anleitungen. Man muss diese Stationen nicht „richtig“ machen, gerade die Kleinen haben oft ganz andere Vorstellungen von dem, was „richtig“ ist, und funktionieren Dinge manchmal einfach um. Das ist vollkommen okay! Lasst die Kinder tun und beobachtet sie bzw. spielt selbst ein bisschen an der Station herum, denn beim Tun kommen einem selbst oft die besten Ideen, was man noch ausprobieren könnte.

Wenn ihr das erste Mal kommt, kommt möglichst in der Woche nachmittags, an den Wochenenden oder in den Ferien kann es voll und trubelig werden. Am besten zieht ihr euren Kleinen auffällige Kleidung an – dann habt ihr sie auch über weitere Strecken im Blick. Es gibt übrigens einen tollen (großen!) Wickeltisch auf dem Behinderten-WC, in dem ihr meist auch ein paar Ersatzwindeln und Feuchttücher findet, falls ihr mal was vergessen habt. Und zum Schluss noch eine gute Nachricht: Kinder unter 6 Jahren zahlen keinen Eintritt. Also ab ins phaeno, ihr Kleinkinder!

Inspirationsquellen

Antje Bostelmann (2019). Das Spiel der Kleinkinder: Frühes Lernen verstehen, begleiten und fördern. Verlag Bananenblau, 124 Seiten.
Remo H. Largo (2007). Babyjahre: Entwicklung und Erziehung in den ersten vier Jahren. Verlag Piper, 584 Seiten.

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